Mineralwasser-Markt sprudelt

„Ich sage ,Ja’ zu deutschem Wasser“ war einer der Gags, die Entertainer Harald Schmidt in seiner Late-Talk-Sendung gerne aus der Sprüchekiste zog. Auch immer mehr Verbraucher bekennen sich zu dem natürlichen Getränk: Der Pro-Kopf-Verbrauch steigt – ebenso die Umsätze.

Die deutschen Mineralbrunnen können aus dem Vollen schöpfen: Jeder Deutsche hat im vergangenen Jahr durchschnittlich 140 Liter Mineralwasser getrunken – im Vergleich zu 2012 rund zwei Liter mehr, zu 2011 sind es sogar fünf. Rekordwert. Laut Angaben des Verbands Deutscher Mineralbrunnen (VDM) setzten die ihm angeschlossenen 200 Betriebe 2013 mit Wasser rund 2,1 Milliarden Euro um. Ein Plus von 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die abgesetzte Wassermenge stieg auf rund 10,4 Mrd. Liter – ein Zufluss von gut 200 Mio. Liter.

Dabei scheint der Durst auf natürliches Mineralwasser Experten zufolge noch lange nicht gestillt zu sein. „Der Mineralwassermarkt ist ein klarer Wachstumsmarkt“, sagt Ralf Brodnicki, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing bei Rhön-Sprudel in Ebersburg-Weyhers im Landkreis Fulda. Die Verbraucher griffen immer häufiger in den Regalen an Limonaden vorbei. „Gesunder Durstlöscher steht hoch im Kurs“, sagt VDM-Chef Stefan Seip. Der Trend gehe zu Wässern mit wenig Kohlensäure: Medium-Mineralwasser liegt mit 43,4 Prozent Marktanteil vorn. Es folgen klassisches Mineralwasser (41,7 Prozent) sowie stilles Wasser (12,2 Prozent). „Der Wasserverbrauch ist ein klares Bekenntnis für eine gesunde Lebensweise“, meint auch Brodnicki.

Und somit gegen Erfrischungsgetränke wie Fruchtschorlen oder Limonaden. 2013 lag die Absatzmenge für Erfrischungsgetränke laut VDM bei 3,4 Mrd. Litern. 2011 waren es mit 3,6 Mrd. rund 200 Mio. Liter mehr. Der Umsatz sank 2013 um 0,8 Prozent auf 1,1 Mrd. Euro.

Limo bleibt in den Regalen

Bereits im Vorjahr musste die Branche Rückgänge von 3,9 Prozent hinnehmen. „Der steigende Wasserverbrauch geht zulasten anderer Sorten“, erklärt Vertriebschef Brodnicki. Hersteller von Cola, Fanta oder ähnlichen Getränken stünden deshalb immer mehr unter Druck. „Der Rückgang macht sich auch bei uns bemerkbar“, sagt Brodnicki. Dass ein Produkt deshalb aus dem Sortiment genommen werden müsse, um Kosten zu sparen, werde nicht passieren. Im Gegenteil. Das Unternehmen habe bereits eine neue Variante seines „Leicht und Fruchtig“-Angebots in der Warteschlange. Unter anderem wegen der kühlen Temperaturen sei man aber vorsichtig und traue sich noch nicht auf den Markt. Anders 1994. Als erstes Unternehmen in Deutschland überhaupt ging Rhön-Sprudel mit einer Apfelschorle auf den Markt. Heute stehen Bio-Limonaden, Tee-Mixgetränke oder Vitaminsäfte der Osthessen palettenweise in den Verkaufsläden.

Neue Produkte auf dem Markt zu platzieren, weiß Brodnicki, muss gut geplant sein. Bereits geringe Verluste können die Rangfolge der Branchen-Bestverdiener durcheinanderwirbeln. Laut „Lebensmittelzeitung“ (LZ) rangierte Rhön-Sprudel 2013 mit einem Jahresumsatz 2012 von 116,9 Mio. Euro auf dem 14. Platz in der Liste der Top-40-Brunnen – nachdem es 2010 mit einem Umsatz von 140 Mio. noch den zehnten Rang belegt hatte. Auf der Spitzenposition verweilt nach LZ-Angaben bereits seit mehreren Jahren die Mitteldeutsche Erfrischungsgetränke GmbH aus Weißenfels (Sachsen-Anhalt). Das Unternehmen beliefert unter anderem den Discountmarkt Lidl und erzielte einen für 2012 von der LZ geschätzten Umsatz von 409,3 Mio. Euro (2010: 383 Mio.).

Als Konkurrenz zu Discountmarken wie „Saskia“ oder „Freeway“ sieht Brodnicki Rhön-Sprudel „als Premiummarke“ nicht. Dennoch hat er ambitionierte Ziele. In den kommenden fünf Jahren will er unter die Top 5. „Mit unserem Standort im Biosphärenreservat und unserem speziellen Wasser haben wir die besten Voraussetzungen dafür“, so Brodnicki. Das Unternehmen wolle organisch wachsen. Beim Stichwort Übernahmen winkt der Vertriebsleiter ab. „Wir beobachten den Markt und werden sinnvolle Zukäufe nicht liegen lassen“, sagt er. Derzeit habe man aber keinen Konkurrenten im Visier.

Für seine Pläne sieht Brodnicki den Konzern mit den Kerngebieten Hessen, Berlin und Brandenburg gut aufgestellt. Zur Rhön-Sprudel-Gruppe gehören elf Abfüllanlagen, davon stehen sechs am Standort Ebersburg-Weyhers. 300 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Insgesamt zählt die Gruppe rund 800 Mitarbeiter. Von den insgesamt 30 Mineralbrunnen können sie in Ebersburg aus 18 Brunnen schöpfen. Täglich fließen aus den Abfüllrohren rund 300 Mio. Füllungen in die Flaschen. Mehr als zwei Drittel davon machen Mineralwasser-Sorten aus. Das übrige Drittel sind Erfrischungsgetränke wie Apfelschorle oder isotonische Sportgetränke.

Zukäufe in Ostdeutschland

Eng verbunden ist die Rhön-Sprudel-Gruppe mit dem Namen Egon Schindel. 1989 übernahm er in dritter Generation den Familienkonzern und baute ihn zur Unternehmensgruppe aus. Heute gehören laut eigenen Angaben fünf Marken dazu: Die Mineralquellen Bad Liebenwerda (Brandenburg) etwa wurden kurz nach der Wiedervereinigung 1990 übernommen. Der Zukauf der Spreequell Mineralbrunnen GmbH in Berlin, die zwischenzeitlich Rhön-Sprudel-Konkurrent Hassia gehörte, folgte 2006. Abgegeben haben die Osthessen hingegen das Geschäft mit der Ökobrause Bionade. Die Schindel Holding war 2002 bei der Bionade-Gesellschaft eingestiegen und mit 51 Prozent Mehrheitseigner. 2009 verkaufte Schindel seine Anteile an die zum Oetker-Konzern gehörende Radeberger-Gruppe – spekulierter Verkaufspreis: 20 Mio. Euro. Abgefüllt wird die Szene-Limo mit rund 100 Millionen Füllungen aber immer noch von den Osthessen.

(Daniel Waldschik in FNP, 17.05.2014)

 
 

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